Erfahrbare Wände, 1999 Beton und Eisen 1,25 x 6,50 x 1 m Ruhrorter Straße 11, Duisburg-Kaßlerfeld |
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Text 1: "Das Mahnmal von Gabriella Fekete", Anna Tyszecka
Erfahrbare Wände Sahen so die letzten Momente ihres Lebens aus? Das sind alles Spekulationen. Vier Opfer. Vier Männer in ihren besten Jahren. Lebenserfahren und gesellschaftlich engagiert. Sie waren politische Gegner des neuen Regimes, aber auch Familienväter, Ehemänner und Brüder. Ihre Familien und ihr Freundeskreis mussten als Erste das Gewaltpotenzial der neuen Machthaber erfahren. Und die Anderen? Sind die undurchdringbaren Wände vor jedem Stuhl als Wände des Schweigens, der Angst oder der Gleichgültigkeit der Zeitgenossen zu verstehen? Diese Eindrücke werden durch den Standort des Mahnmals intensiviert. „Erfahrbare Wände“ befinden sich in der Nähe der historischen Stelle, auf dem Gehweg der Ruhrorter Straße, mitten im städtischen Leben mit vorbei gehenden Passanten, vorüber fahrenden Straßenbahnen und Autos. Das Leben fordert seinen Tribut und die Menschen versuchen, dem Alltag gerecht zu werden. Wie damals. Wie heute. Wie morgen? Das Mahnmal von Gabriella Fekete scheint ein Mikrokosmos in der städtischen Landschaft zu sein. Ein plastisches Bauwerk, das mit seiner Originalität besticht und zum Schluss in eindringlicher Weise zum Andenken und Nachdenken zwingt. Die sensible, seit Jahren mit Duisburg verbundene Künstlerin versucht zu vermitteln, dass Gewalt und Rechtlosigkeit keine historischen Stichworte sind. Das Mahnmal den vier Gerechten von damals gewidmet, ist auch als Appell an das Gewissen und Engagement von uns allen zu verstehen. Hier und heute. Anna Tyszecka Text 2: "Der 2. Mai 1933 in Duisburg", Jürgen Dzudzek
Der 2. Mai 1933 in Duisburg Am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschaften in einer reichsweit koordinierten Aktion von den Nationalsozialisten
zerschlagen. Dieser Tag wurde gezielt zur
Eingliederung der Arbeiterschaft in den nationalsozialistischen
Machtapparat gewählt. Dem diente bereits die
bewusste Verkehrung der Bedeutung des 1. Mai. Der
Internationale Tag der Arbeit wurde 1933, auch in
Duisburg, mit großem Pomp als "Tag der nationalen
Arbeit" gefeiert. ln Wirklichkeit wurden am Morgen des 2. Mai 1933 in
Duisburg die Büros aller Freien Gewerkschaften mit den
Worten "Hände hoch, Sie sind verhaftet" besetzt. Einige
Gewerkschaftssekretäre waren bereits zuvor in ihren
Wohnungen festgenommen worden. Alle 18 in Duisburg
verhafteten Freien Gewerkschafter wurden in die Räume
des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes in der Ruhrorter
Straße 11 gebracht und vom Kreisleiter der NSBO und
Reichstagsabgeordneten Heinz Multhaupt verhört. Die
Verhöre hatten entweder keinen sachlichen Inhalt oder
es ging darum, herauszufinden, ob es in den Gewerkschaftshäusern
Waffenlager gab. Auf Befehl von
Multhaupt wurden sechs Gewerkschaftssekretäre einem
"Chinesischen Verhör" unterzogen, bei dem auch mit
Knüppeln geschlagen wurde. Franz Ring und Heinrich
Tüting kamen mit erheblichen Verwundungen frei. Julius
Birck, Johann Schlösser, Michael Rodenstock und Emil
Rentmeister wurden so sehr geschlagen, dass sie schwere
Kopfverletzungen erlitten. Den tödlichen Ausgang dieser
"Verhöre" beabsichtigte Multhaupt vermutlich nicht,
nahm ihn aber als Risiko in Kauf. Während die übrigen Gewerkschaftssekretäre mit erhobenen
Händen durch die Straßen der Duisburger
Innenstadt bis zum Polizeipräsidium an der Düsseldorfer
Straße getrieben wurden, wurden Julius Birck, Johann
Schlösser, Michael Rodenstock und Emil Rentmeister zur
Vertuschung des Mordes in einem geschlossenen Wagen
abtransportiert; offensichtlich auf Anraten der Gauleitung
in Essen, nachdem ein Arzt die Aussichtslosigkeit
einer Behandlung festgestellt hatte. Mit ziemlicher
Sicherheit waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle vier
tot. 14 Tage später meldeten die Nazis sie in Zeitungsanzeigen
als vermisst. Ein Jahr später fanden Spaziergänger
die verscharrten Leichen im Hünxer Wald. Gegen die nach dem Krieg noch lebenden Mörder und
Verantwortlichen der Morde an den vier Duisburger
Gewerkschaftern gab es Mitte 1947 einen Prozess. Einer der Schläger, ein Analphabet, wurde zum Tode verurteilt,
zwei Angeklagte erhielten Haftstrafen, vier wurden freigesprochen.
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